Es ist Sommer und somit die beste Zeit für eine ausgedehnte Radtour… mein Ziel: der Innerste-Radweg.

Am Tag vor der Tour

Die Wetter- und Windprognose (leichter Nord-West-Wind, Regenwahrscheinlichkeit < 10%) ist gut, sodass meinem Plan, morgen den Innerste-Radweg abzuradeln, nichts im Wege steht.

Laut Flyer verspricht der Innerste-Radweg „105 allerschönste Fahrradkilometer aus dem Oberharz ins Leinetal – der Innerste-Radweg eröffnet beeindruckende Landschafts-, Natur- und Kulturerlebnisse und verbindet die UNESCO-Welterbestätten im Harz und in Hildesheim.“. Ich bin gespannt, ob die Tour hält, was sie verspricht…

Ob ich das ehrgeizige Ziel, den Weg ab Quelle bis zur Mündung in die Leine nach Sarstedt zu fahren, erreiche? Ich werde mein Bestes geben und meine Waden zu Höchstleistungen motivieren. Laut Höhenprofil geht es ja vor allem auf den ersten 35 Kilometern gut bergab, sodass ich frohes Mutes bin, die Innerste von der Quelle bis zur Mündung zu erkunden. Und falls die Strecke zu lang ist, das Energielevel auf unterirdisch absinkt, das Wetter Kapriolen schlägt oder es eine Panne am Rad gibt, so gibt es diverse Bahnhöfe, von denen ich den Heimweg antreten kann.

Eine Kollegin meinte heute noch im Vorbeigehen zu mir „Sag Mal, ist der Weg überhaupt beschildert?“ Gute Frage, nächste Frage… Ich werde es sehen und euch berichten, ob man sich ohne Navi zurechtfindet. Eine Radkarte vom Harzvorland und vom Harz wird auf jeden Fall mit dabei sein und für alle Fälle hab ich mir noch eine Karten-App und die innerste-radweg-gpx aufs Handy geladen.

Am Radeltag

08:15 Uhr am Bahnhof/ZOB in Goslar

Wird der Bus mein Fahrrad und mich mit nach Clausthal nehmen? Bei meinen vorherigen Recherchen zum Thema Anreise teilte mir eine freundliche Mitarbeiterin der Tourist-Info Clausthal mit, dass es unter der Woche (heute ist Donnerstag) kein Problem sein sollte 1-2 Fahrräder im Bus mitzunehmen. Um auf Nummer sicher zu gehen, könnte ich den RBB kontaktieren (05321/343110)… Darauf habe ich verzichtet. Allen Tourenradlern empfehle ich aber, sich vorab zu erkundigen, damit am Ende keine enttäuschten Gesichter dem Bus hinterherschauen müssen …

10:00 Uhr an der Innerstequelle

Der heutige Busfahrer war ein Fahrradfreund – ohne mein Vorhaben, das Rad mit in den Bus zunehmen, zu hinterfragen, hat er mich sehr nett begrüßt und beim Aussteigen auch noch eine gute Tour gewünscht. Los geht’s in der „Berg- und Universitätsstadt“ Clausthal-Zellerfeld. Hier ist der Name auch sogleich Programm – bergig beginnt sogleich meine Tour in Richtung Innerstesprung! Ab und auf ging‘s zum Start der Tour und ich kam in der frischen Harzer Höhenluft schon das erste Mal außer Puste und der Kreislauf wurde angekurbelt.

Nun befinde ich mich am Tourstart, habe die Infotafel intensivst gelesen und freue ich mich darauf, gleich bergab zu rollen (laut Höhenprofil geht es auf den ersten 35 Kilometern zu großen Teilen bergab). Den Harz verbinde ich fahrradmäßig ja immer eher mit Mountainbike – so bin ich gespannt, wie sich das Trekkingrad bewährt.

10:45 Uhr beim zweiten Frühstück (Kaffee und Apfeltasche) in Wildemann

Auf einer Bank lasse ich mir die Sonne ins Gesicht scheinen und gönne mir eine erste Stärkung. Der Harz erinnert mich immer wieder sehr an meine Studienzeiten … dunkle Bäume, lichtdurchflutete Wiesen, klare Flüsse, Gräben und Teiche/Seen. (Fast) All die Wasserreichtümer sind dem ehemaligen Bergbau im Oberharz zu verdanken und die Oberharzer Wasserwirtschaft wurde als UNESCO-Weltkulturerbe anerkannt. Weltkulturerbe hin oder her (ja, es ist etwas einzigartiges), so sind die Stauteiche im Oberharz (so auch die Seen, welche ich auf den letzten 15 Kilometern passiert habe) einfach nur idyllisch! In manchen von ihnen ist Baden sogar erlaubt.

kurz hinter (also nördlich) Langelsheim – Adios Harz – willkommen im Harzvorland!

Auf einer ehemaligen Bahntrasse (jetzt ein asphaltierter Fahrradweg) bin ich ab Wildemann fast 20 Kilometer ganz wunderbar entspannt bergab (an der Innerste-Talsperre vorbei und immer an der Innerste entlang) nach Langelsheim gerollt. Tolle Strecke und super zum Befahren.

Kurz vor Langelsheim überholte ich einen schwer bepackten Radfahrer: „Wohin des Weges“ fragte ich den sportlichen nicht mehr ganz so jungen Mann. „Erst einmal nach Bad Harzburg – und dann immer weiter in Richtung Osten“, war seine Antwort…

Nun befinde ich mich mitten im Naturschutzgebiet „Mittleres Innerstetal mit Kanstein“ und möchte euch am liebsten eine Prise Sommerduft und –luft schicken. Hier riecht es unglaublich gut nach Kiefern und wildem Thymian und die Luft ist so warm. Wenn man es nicht besser wüsste und ich meine Augen schließe, so fühle ich mich, als wäre ich ganz weit im Süden… Schuhe aus, Füße in das kühle Nass… welch eine herrliche Abkühlung!

14:00 Uhr im Schatten auf einer Mauer am Schloss in Salzgitter-Ringelheim

Schatten! Frau Klara lacht und ich brauche eine kleine Pause. Bei einem Blick auf die Karte sehe ich, dass in Salzgitter-Ringelheim erst gut die Hälfte der Strecke bewältigt ist und es ereilt mich das dumpfe Gefühl, dass es womöglich nicht klappen wird, es heute noch per Zweirad (ohne Motorunterstützung!) bis Sarstedt zu schaffen… schauen wir mal! Die letzten 10 Kilometer waren schon recht anstrengend: Gegenwind, Sonne und ein Mix aus Schotter und Asphalt.

Bevor ich aufbreche, werde ich mir das Schloss Ringelheim und den dazugehörigen weitläufigen Gutspark noch genauer ansehen…

Ein Tipp für Erstbefahrer: Versäumt in Othfresen nicht den Abstecher zur Burg Liebenburg!

17:30 Uhr am Bahnhof in Hildesheim (nach insgesamt schon 105 Kilometern im Sattel, 98 Kilometer seit der Innerstequelle)

Ich bin erledigt! Und in Spannung aufs EM-Halbfinale auch nicht mehr gewillt, heute (aber gerne ein anderes Mal) die letzten Kilometer (es sind immerhin noch etwa 14) nach Sarstedt noch zu fahren… Schon Hildesheim habe ich keine rechte Aufmerksamkeit mehr schenken können, obwohl dies dem Dom, der Michaeliskirche und der Altstadt sicher nicht gerecht wird. Immerhin gehört auch Hildesheim zum UNESCO-Weltkulturerbe!

Wie ist die letzte Etappe gewesen? Für mich persönlich relativ anstrengend. Die Strecke ab Salzgitter-Ringelheim führte durch das nun inzwischen sehr weitläufige Innerstetal und vorbei an kleinen Vogelschutzgebieten, Mühlen und Höfen, durch Felder und Ackerland. Einfach so durchzurauschen ist ok (sportlich gesehen), aber ich empfehle euch auf jeden Fall, Zeit für einen kleinen Abstecher zum Schloss Oelber am weißen Wege in Baddeckenstedt und für einen Besuch der Derneburg einzuplanen.

… so sitze ich also nun mit gerötetem Gesicht und ausgepowert am Bahnhof, freue mich auf ein kühles Bierchen!

Am Tag danach

Fazit: Eine Tag ist definitiv nicht genügend Zeit, um den Innerste-Radweg in seiner Vielfalt zu erleben und von der Quelle bis zur Mündung zu befahren. Je nach Motiv und Absicht, können sportlich ambitionierte Radfahrer die Gesamtstrecke zwar an einem Tag bewältigen – dann bleibt zum Um- und Anschauen aber kaum Zeit. Und es gibt so einiges zu sehen!

Achtet bei eurem Vorhaben auf jeden Fall auf den Wetterbericht (und hier ganz besonders die Windrichtung: Nord-West-Wind ist ungünstig… ich spreche da aus eigener Erfahrung) Ab Langelsheim geht es zwar ohne nennenswerte Höhenunterschiede gen Hildesheim, aber Gegenwind kann auf Dauer echt fies sein. Welcher Radfahrer radelt schon gerne bis ans Ende der windigen Welt?

Erreichbarkeit und ÖPNV: Eingangs hatte ich schon kurz erwähnt, dass ihr euch auf jeden Fall vorab nach den Fahrzeiten der Öffis erkundigen müsst und auch wenn es auf den ersten Blick ein wenig mühsam und umständlich scheint, mit dem Rad nach Clausthal zu kommen, so ist der Streckenabschnitt im Harz unbedingt empfehlenswert. Solltet ihr nicht von der Quelle starten wollen, so sind von Goslar, Liebenburg, Salzgitter-Bad und Bad Salzdetfurth Zuwegungen zum Innerste-Radweg ausgeschildert.

Der Weg ist komplett ausgeschildert – ab und zu muss man jedoch die Augen gut offen halten, um auch keines der Schilder zu verpassen. Eine entsprechende Karte mitzunehmen (je nach Geschmack digital oder klassisch im Papierformat) macht aber auf jeden Fall Sinn! Der Weg läuft leider im Bereich zwischen Bredelem und Groß Düngen nur selten direkt entlang der Innerste, sondern im Tal. Folgt also nicht „nur“ stur der ausgeschilderten Routenführung, sondern macht auch hier und da mal einen Abstecher.

Um falschen Erwartungen vorzubeugen, möchte ich euch gerne noch darauf hinweisen, dass der Innerste-Radweg kein Flussradweg im klassischen Sinne ist. Er verläuft zwar oft gewässernah (die Innerste wird immer wieder überquert), aber wie oben schon erwähnt im Abschnitt Bredelem – Groß Düngen nicht in direkt am Fluss entlang.

!!! Augen auf am Wegesrand! Mundräuber kommen am Weg immer wieder auf ihre Kosten! 🙂 Ich habe im Harz zum Beispiel Heidelbeeren (zwischen Lauthental und Innerste-Talsperre) gepflückt, bei Bredelem einen Himbeerbusch geplündert und mir auf der Kirschenallee (super saftige Süßkirschen) zwischen Upen und Liebenburg/Posthof den Bauch vollgeschlagen … wobei mir zugegebenermaßen nach letzteren ein wenig unwohl geworden ist. Ob’s an der hohen Sonneneinstrahlung, der bis dato schon einigen geleisteten Radkilometern oder den möglichen Spritzmitteln der angrenzenden Feldern gelegen hat, kann ich euch nicht sagen. Die Kirschen waren aber mega lecker!

Wie Anfangs schon geschrieben, wird der Innerste-Radweg mit dem Slogan „eine Fahrt ins Blaue auf dem Welterberadweg“ betitelt: Je nach Gusto, kommen sowohl Natur- als auch Kulturliebhaber auf ihre Kosten. Legt den Fokus je nach Interesse, Wetter und Laune – oder lasst euch ganz einfach von den abwechslungsreichen Landschaftsformen und den kleinen und großen Schätzen am Wegesrand überraschen!

Eure Bloggerin Anja Gabriel

Der Beitrag ist zuerst auf dem Blog http://www.mein-nhavo.de erschienen.

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